Brief an mein junges Ich

Ich hoffe es geht Dir gut und Du konntest heute ausschlafen. Es kann sein, dass Du gestern bei Freunden warst, oder auch mit Deiner Freundin auf der Couch eingepennt bist, als ihr versucht habt, mal eine Spielfilmlänge wach zu bleiben. Immerhin hattet ihr einen anstrengenden Tag hinter euch.

Als ihr euch überlegt habt, ob ihr wandern geht oder auf ein Weinfest oder in die Stadt zum Bummeln oder einfach gechillt zu Hause bleibt, was hattet ihr dabei im Hinterkopf? Entspannen? Oder was erleben?

Nunja. Ich kann Dir erzählen was Du jetzt gerade erlebst:

Ausschlafen heute heißt, von Kind 1 geweckt zu werden, weil es gerne zugedeckt werden will oder spielen möchte. Es ist lieb von ihm, vorher Bescheid zu sagen, wo es jetzt hingeht. Oder Du wachst auf, weil Du Beine im Bauch oder Gesicht spürst. Egal wann. Egal wie Du liegst. Kind 2 schreit wenn es Hunger hat. Du wirst kurz wach, schläfst aber wieder schnell ein. Durchschlafen? Muahahahahaha.

Den Abend verbringen heißt aktuell essen wann Zeit ist und danach erst mal Ordnung schaffen, wenn Du nicht gerade beim Zubettbringen von Kind 1 mit eingeschlafen bist und irgendwann komplett angezogen aufwachst und Dich ins Nachbarzimmer schleppst, weil da gerade Kind 2 schreit, weil es Hunger hat und deine Frau mit müden Augen dafür sorgt, dass es auch was bekommt.

Ja. Deine Frau. Du hast geheiratet. Und zwei Kinder bekommen. Aber fange das nächste Mal bitte etwas früher damit an. Ich weiß heute nämlich echt nicht mehr, womit Du Dir gerade Deine freie Zeit vergeudest.

Müdigkeit begleitet Dich durch den Tag. Mal mehr, mal weniger. Irgendwie ist immer was. Wäsche. Ordnung. Kehren. Kind 1 bespaßen. Kochen. Geschirr. Wäsche. Einkaufen. Ordnung. Wäsche. Katze. Achja, duschen ab und zu will man auch mal. Haare sind grauer und irgendwie auch weniger.

Kindergarten ist eine schöne Sache. Aber halt, da war noch was. Die aktuelle Pandemie. Corona-Virus. COVID 19. Und eine Mutation gibt es auch schon. Ein erneuter kompletter Lockdown des öffentlichen Lebens. Geschäfte zu, Schulen zu, Kindergärten zu. Weihnachten? Begrenzt. Silvester? Verboten. Zumindest die Knallerei. Aber das war ja noch nie so meins. Maskenpflicht im öffentlichen Raum. Bahnen, Geschäften, in Einkaufsstraßen. Rücksicht auf andere? Sinkt gerade in meiner Wahrnehmung. Warum? Egozentriker.

Und die Familie? Die hat offen. Rund um die Uhr. Noch habe ich Elternzeit und brauche nicht arbeiten gehen, was vieles erleichtert. Dennoch kommt Kind 1 gerade nicht dazu, sein soziales Leben zu leben sondern muss mit älteren spielen. Ist schön, aber für ihn auf Dauer absolut nicht das Gleiche, wie mit seinen Freunden durch die Gegend zu toben. Dieses Jahr ist die Belastung in den Familien besonders hoch. Häusliche Gewalt. Psychische Probleme.

Aber ja, ich habe es so gewollt. 2 Kinder. Und ja, ich hatte die Wahl. Und nein, ich bereue es nicht. Dennoch erschwert die aktuelle Pandemie die Lage enorm und es ist anstrengender als ohne Pandemie. Dennoch kommen wir gut da durch und meckern nur noch sehr wenig. Der Virus versteht uns eh nicht und verschwindet nur, wenn wir alle gemeinsam dafür sorgen, uns mit Abstand und gewissen Hygienemaßnahmen zu begegnen.

Aber von alledem weißt Du noch nichts. Genieße Deine Zeit und mache das Beste daraus.

Geh feiern, geh essen, verbringe viel Zeit mit Menschen die Du magst.

Aber hey, das machst Du ja eh.

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