„Das interessiert mich gerade nicht!“

Mhh. 
Da isses.

Es musste soweit kommen. Früher oder später.

Er sitzt da. Wir wollen essen.
Mama sagt, er soll sich zu uns setzen.
Wir essen jetzt.

"Das interessiert mich gerade nicht."

Ich schaue verdutzt. Hab ich mich verhört?
Sie fragt nach.

"Das interessiert mich nicht!"

Richtig gehört. Widerworte.
Mhhh.
Und nun?

Ich kann mir ein Lächeln nicht verkneifen.
Sie schaut mich an.
"Das hat er von mir." flüstert sie mir zu.
Ich nicke und erinnere mich an die kopierte Situation.

Aber: was nun?

Wie ich schon oft schrieb, sind meine Nerven abends meist abgegrast.
Sie weinen.
Sie reiben sich die Augen.
Sie sind müde.
Sie zetern.
Sie wollen ins Bett.

Heute ist es natürlich genauso.

Mein Gehirn rät mir, es sein zu lassen.
"Lass ihn sitzen, er wird schon zum Essen kommen, wenn er Hunger hat. Und wenn es kurz vorm Sandmann ist. So schonst Du Dich und auch ihn. Sei vernünftig."

Okay.
Scheinbar klappt abends auch das Verknüpfen von Gehirn und Mund nicht mehr so richtig.

Ich werde grantig. Natürlich.
Ich weiß es besser. Natürlich.
Es bringt nichts. Natürlich.

Er sitzt da und spielt weiter.
Mit sich.
Alleine.
Eigentlich gut.
Aber immer genau dann, wenn etwas gemacht werden soll.

Wir wollen raus!
"Ich will aber noch fertig spielen!"
Wir wollen baden!
"Ich will aber nicht!"
Umziehen!
"Will den Schlafanzug anbehalten."
Kindergarten!
"Will nicht in den Kindergarten. Will zu Hause bleiben."
Essen!
Siehe oben. Oder so ähnlich.
Der Wortlaut variiert, in Summe kommt aber meist das selbe raus.
Widerstand.
Eine Dikussionsspirale entsteht.
Sie spitzt sich zu.
Zum Nachteil für alle.
Denn alle sind plötzlich schlecht gelaunt.

Hilfe?

Ideen:

Belohnungen für Kooperation?
Nöö. Bringt nichts.
Nur für den Moment. Nicht nachhaltig.

Mit ihm reden?
Ja, kann helfen und uns alle voran bringen. Sogar nachhaltig.
Aber nicht um diese Uhrzeit!
Nicht bei diesem Zustand der Nerven. Weinend, müde, am Ende!

Einfach machen lassen?
Ist ne Option. Bisher hat es erstaunlich oft funktioniert. Und gut.
Im Nachhinein hat es immer funktioniert.
Neue Fähigkeit - Stress - Frieden.
Neue Fähigkeit - Stress - Frieden.

Wir sollten es wieder tun.

Es fällt schwer.
Denn: die Herangehensweise als Erwachsener ist schwierig und situativ falsch.
Wir denken nämlich, wir sind vernünftig.

Als Erwachsener denkt man das dauernd.
Ich bin erwachsen, bin vernünftig und weiß es besser.

Frau Lesch drängt in mein Gehirn.
Was aber, wenn es garnicht besser ist, in diesen Momenten vernünftig zu sein?
Sondern einfach mal Kind?

Fällt schwer. Wer denkt schon gerne infantil?
Außerdem: wir haben es verlernt.
Es wurde uns genommen.

Sei doch vernünftig.
Sei nicht so albern.
Hör auf rumzuturnen.
Hampel nicht so rum.
Lach nicht so.
Sitzt jetzt still.
Es wird aufgegessen.
Lauf langsam.
Benimm dich.
Mach jetzt.
Beeil dich.
Schluss jetzt.

Diese und weitere Anweisungen kennt jeder von uns. Tausendfach wurden sie uns vorgeredet. Tausendfach haben wir sie wiederstrebend erfüllt.
Aber wofür?
Für wen?
Für unser Wohl?
Nein.
Für das des anderen.
Für das des Erwachsenen.

Wir streben danach, unseren Alltag so ruhig und sicher wie möglich zu gestalten.
Keiner will Ärger und unnötige Diskussionen.

Kinder kennen dieses Streben nicht.
Sie wollen Spaß.
Spielen.
Lärmen.
Trampeln.
Bewegen.
Rennen.
Albern.
Lachen!

Sowas kann stressen, wenn man nicht beteiligt ist. Wenn man was anderes machen möchte.

Aber was ist wichtiger, als dem eigenen Kind beim Wachsen und entwickeln behilflich zu sein?

Das interessiert mich gerade nicht.

Mich aber doch.
Trotz fehlender Nerven.
Trotz Mangel an Kraft.

Warum?

Damit er auch später, wenn er erwachsen ist, wie selbstverständlich sagen kann:
„Das interessiert mich gerade nicht!“

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