Mein Drachodil und ich

Ich heiße Karl. Zumindest sagen sie dieses Wort und schauen lachend und grinsend zu mir. Ich habe ein Spielzeug, sie nennen es Drachodil. 

Doch wie es dazu kam erzähl ich später…

Erst mal was von mir. Vor 13 Wochen kam ich zur Welt. 

Bis jetzt finde ich diese Welt echt gut. Essen umsonst, wohnen umsonst und ich bekomme die Windeln gewechselt.

Alles erst mal tiptop.

Was ich aber lustig finde, sind die Menschen um mich rum. 

Einer nennt sich Mama der andere Papa. Und einige sagen zu sich Onkel, Tante, Oma und Opa. Schon witzig, ich scheine der einzige mit einem richtigen Namen zu sein. 

Wie es aussieht sind die Mama und der Papa für mich verantwortlich. Sie sind dauernd um mich rum. Füttern mich, baden mich, boppeln mich, beruhigen mich, umsorgen mich, reden mit mir und scheinen mich echt lieb zu haben. Irgendwie sind sie wohl auch für meine Entstehung verantwortlich.

Wie genau weiß ich aber noch nicht. 

Ich trinke aus der Flasche. Mamas Brust wollte ich nicht. Ich dachte mir, dass mich auch der Papa füttern soll.

So hat auch er was davon in den ersten Monaten. Für mich ist das kein Problem, aber die Mama hat es am Anfang ziemlich belastet. Sogar von einer Rabenmutter war die Rede. Keine Ahnung was eine Vogelmama damit zu tun hat, aber sie werden es schon wissen. Immerhin sind ihre Gehirne größer als meins.

Genauso suspekt ist mir die Tatsache, dass sie sich über meine vollgemachten Windeln freuen. Insbesondere wenn Kacka drin ist. Sehr komisch, wäre ich ein Hund, bekäm ich bestimmt jedes mal ein Leckerli dafür. 

Außerdem weiß die halbe Welt über die Konsistens und Farbe meines Stuhlganges bescheid. Sowas erzählen die sehr gerne den anderen Menschen. Scheint normal zu sein, wenn man älter wird.

Und damit nicht genug ist da noch die Sache mit der Verständigung. Sie verstehen mich oft nicht. Dabei ist es doch ganz einfach. 

Kreische ich, hab ich Hunger. 

Kreische ich, hab ich eine volle Windel. 

Kreische ich, brauche ich Körperkontakt. 

Kreische ich, hab ich Bauchweh oder Blähungen. 

Kreische ich, bin ich müde.

So einfach. Aber die müssen meistens erst überlegen. Und das kann dauern…..

Geschlafen wird gemeinsam. Sie haben mir ein Bett an ihres gebunden. 

Soll für Nähe sorgen. Dass Papa schnarcht stört mich nicht. Mich fragt ja auch keiner. Außerdem ist Mama wach, sobald ich mich melde. Dafür ist es am Wochenende sehr schön, wenn wir alle drei im großen Bett liegen und Quatsch machen. 

Das Thema Anziehen ist auch eines für sich. Scheint wohl nicht leicht zu sein, mich vernünftig anzukleiden. Zumindest tut sich Papa meist ziemlich schwer, mir Pullis oder T-Shirts über den Kopf zu ziehen. Es wird einfacher, je älter ich werde. Doch Mama kann das einfach besser. 

Am Liebsten werde ich durch die Gegend getragen. Oder fahre Auto. Das beruhigt. Und ich schlafe dann schneller ein. Das scheint auch dauernd das Ziel von Mama und Papa zu sein. Mich schlafen zu sehen. Schlafen scheint wohl gut zu sein, aber dann verpasse ich so viel. Mal sehen, vielleicht treibe ich denen das noch aus. 

Neuerdings finde ich meine Hände ganz toll. Ich lerne zu greifen und stopfe mir die Finger gerne mal in den Mund. Ist ganz lustig und Mama und Papa freuen sich dauernd darüber.

Da gibt es dann diverse Spielzeuge, die sie mir vorhalten. Ich soll doch unbedingt danach greifen und sie halten. Jedesmal, wenn ich was für zwei, drei Sekunden halte, sind die aber sowas von aus dem Häuschen…. 

Wenn ich allerdings Mamas Haare greife ist das widerum nicht so schön.

Verstehe die mal einer…. 

Und jetzt kommt das Drachodil ins Spiel. 

Papa sagte immer, das wäre ein Krokodil.

„Hier ist das Krokodil Karl.“ 

„Schau mal, das Krokodil.“ 

„Nimm das Krokodil.“ 

Und die Mama nannte es einen Drachen. 

„Hier ist der Drachen Karl.“ 

„Schau mal, der Drache.“ 

„Nimm den Drachen.“ 

So, und wie bitte soll ich die richtigen Wörter lernen, wenn Mama und Papa selbst nicht wissen, wie das Spielzeug heißt?

Zufällig haben die beiden es dann gemerkt. 

„Hey, das Krokodil hat rote Zacken auf dem Kopf. Sowas haben nur Drachen.“ 

„Hier ist das Drachodil, Karl.“ 

„Schaum mal, das Drachodil.“ 

„Nimm das Drachodil.“

Nunja, was soll ich groß sagen. Sie geben sich verdammt viel Mühe. 

Sie sorgen sich, wickeln mich, baden mich, bringen mich zum Lachen, zeigen mir die Welt, erklären mir alles, geben mir Geborgenheit und Vertrauen.

Sie gehen mit mir spazieren, fahren mit mir Auto, und schunkeln mich in den Schlaf. Und immer ist einer von denen bei mir. 

Und jedes Gesicht was mich anschaut, lächelt. 

Die Welt ist schön.

Das finde ich toll. 

Bin schon gespannt, wie es weiter geht.

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